Inspirierende Erfolgsgeschichten aus den Regionen mit Ressourcen

Jana Schäfer

Wie fing alles an?

Einen genauen Zeitpunkt gibt es nicht. Die ersten Grundsteine wurden bereits in der Kindheit gelegt. Wir waren viel draußen, auf Zeltplätzen, haben mit Naturmaterialien gebastelt. Wir hatten Respekt vor der Natur und das Wissen, dass wir alle irgendwie zusammengehören. Vor 26 Jahren sind wir aufs Land gezogen. Unser Sohn bekam Nahrungsmittelallergien, die mich zum Umdenken beim Kochen führten. Ich habe mich viel mit Gewürzen und ihren Einfluss auf die Gesundheit beschäftigt. So habe ich vor 23 Jahren angefangen, mir auf diesem Gebiet Wissen anzueignen. Nicht nach Schulbuch, sondern Schritt für Schritt.
Damals hatte ich verschiedene geförderte Stellen. Sie waren alle gut, besonders die Arbeit im Schloss, wo ich unter anderem Veranstaltungen organisierte, aber ich wollte mich von der Nabelschnur der geförderten Jobs trennen. Meine Stelle hätte verlängert werden können, doch ich dachte mir, dass ich die Energie, die ich dort reinstecke, doch lieber in etwas Eigens stecken sollte. Den letzten Anstoß gab mir mein Mann, der sagte, ich habe so viel Wissen über Pflanzen und Kräuter, ob wir daraus nicht was machen wollen, er wäre an meiner Seite.
Und so habe ich 2004 am Gründungskurs im Ressourcen Center Stavenhagen teilgenommen, meinen Businessplan geschrieben und im Herbst 2005 gegründet.

Was hat sie dazu inspiriert, die Firma zu gründen?

Wie bereits erwähnt, der Wunsch, die Energie und das Herzblut, mit denen ich jede meiner Tätigkeiten ausgeübt hatte, in ein eigenes Projekt zu stecken. Hinzu kamen die Ermunterung und das Unterstützungsangebot meiner Familie. Und ich wollte unbedingt einer Tätigkeit nachzugehen, die mich befriedigt. Dazu gehört das Arbeiten in und mit der Natur, das auch mal Alleinsein können, aber auch der Kontakt zu den Menschen bei Kursen und Vorträgen, der mich nach wie vor trägt, inspiriert und Kraft gibt.

Wann entwickelte sich die Idee?

Das war ein recht langer Prozess. Dier ersten Ideen hatte ich 2003. Ich wollte etwas an meiner Arbeits- und Lebenssituation ändern. Ich fragte mich mehr als einmal: Kann es was werden? Traue ich es mir zu? Diese Fragen stellt man sich auch noch nach zwei und drei Jahren. Es bedarf eines längeren Atems. Und wenn man stolpert: aufstehen, lächeln, Krone richten und weiter machen.

Welche Unternehmensform haben Sie gewählt und worin besteht das Aufgabenfeld?

Ich habe als Einzelunternehmerin gegründet und bin es immer noch. Ich hatte nie vor, zu expandieren, größer zu werden und plane es auch nicht für die Zukunft. Mein Bruder, zum Beispiel, hat zwischen 12 und 15 Angestellte und berichtet, wie schwer es ist, die richtigen Mitarbeiter zu finden oder schwierige Situationen, wie wir sie momentan durch Corona haben, zu bewerkstelligen. Ich bin zufrieden mit mir allein. Es ist alles gut. Wenn es zu viel wird, dann muss ich auch mal einen Auftrag absagen. Aber das ist ok für mich. Ich könnte mir vorstellen, mit anderen Selbstständigen und mit Werkstudenten zusammen zu arbeiten, wobei die Mitbewerbersituation in unserer Branche nicht einfach ist. Mein Aufgabenfeld liegt in den Bereichen Handel, Dienstleistung und Lehre.

Was waren Ihre größten Ängste und Bedenken bei dem Gedanken an Ihre Unternehmensgründung?

Meine größten Bedenken waren, wie Kunden und Gäste nach Luplow kommen, einen Ort weit abseits der Bundesstraße, der teilweise nur über schlechte Straßen zu erreichen ist und die Frage, ob sie auch mehrmals wiederkommen. Ich habe absichtlich im September, in den Herbst hinein gegründet. So hatte ich genügend Zeit, alles noch einmal zu überdenken und vorzubereiten, so dass es im Frühjahr so richtig losgehen konnte. Und ich habe diese Bedenken tatsächlich im Herbst ablegen können, habe den Knackpunkt in dieser Zeit gelöst.

Hatten Sie Unterstützung durch Vereine/Verbände/andere Institutionen?

Während meiner angestellten Tätigkeit hatte ich guten Kontakt zu Frau Schmalisch von der Büdnerei Lehsten. Ich erzählte ihr von meiner Gründung und dass ich gern koche und fragte sie, ob wir nicht gemeinsame Veranstaltungen organisieren wollen. Sie hatte Küche und Gäste, ich Ideen und Knowhow. Wir haben uns dann gegenseitig beworben und die ersten Veranstaltungen haben sofort eingeschlagen. Eine schöne Win-Win-Situation für uns beide. Aufgrund meiner Kräuter-Tischdekoration bei den Kochveranstaltungen und dadurch, dass ich viel von meinem Garten erzählt habe, kamen bald die ersten Gäste nach Luplow und die ersten Catering-Aufträge.
Finanziell habe ich die Unterstützung in Form der Ich-AG genutzt. Es gab die Wahl zwischen einem halben Jahr und drei Jahren. Ich hatte mich für letztere entschiedenen und konnte mit dieser Unterstützung die Sozialabgaben bedienen und mir eine solide Hardware-Ausstattung zulegen.
Unterstützung im Bereich Gründung und Businessknowhow habe ich im Ressourcen-Center erfahren, wo die Gründungskurse (gefördert durch die Agentur für Arbeit) stattfanden. Dort haben wir nicht nur die theoretischen Grundlagen gelernt, sondern uns untereinander ausgetauscht und erste Netzwerke geknüpft. Meine Begeisterung für die Frauennetzwerke und ihren Zusammenhalt ist heute genauso groß wie damals.

Was ist das wichtigste, an dem Sie gerade arbeiten?

Mein 1.700 m² großer Garten ist ein von der Aktion „Natur im Garten“ ausgezeichneter Schaugarten, in dem ich auch sehbehinderte Gäste empfange. Ich plane, meine Beschriftungen, meine Hinweis- und Erklärungsschilder mit RFID Chips gestützten Audioguides zu kombinieren, so wie man es aus einigen Museen kennt.

Thema Finanzierung: Welchen Quellen standen Ihnen bei der Gründung zur Verfügung?

Ich habe keine Kredite in Anspruch nehmen müssen. Stück für Stück habe ich das, was ich erwirtschaftet hatte, in neue Projekte bzw. Anschaffungen investiert. Sehr gefreut habe ich mich über den Förderbescheid des Leader-Projektes (Europäisches Förderprojekt für ländliche Räume), mit dessen Unterstützung (52.000€ Gesamtprojektkosten) ich das 40m² große Blockbohlenhaus solide aufbauen konnte.

Gab es Momente nach der Gründung, in denen Unsicherheiten in Ihnen aufkamen?

Unsicherheiten kann man so nicht sagen, das ist ein irreführender Ausdruck. Es ist eher ein Hinterfragen, das man immer wieder tun muss: Bin ich auf dem richtigen Weg? Was muss, was will ich anders machen? Will ich das wirklich? Es darf kein starres Gebilde sein, sonst läuft es Gefahr, sich festzufahren. So kommt es zu immer neuen Ideen und Projekten. Gerade im Dienstleistungsbereich wollen die Kunden Spaß haben, sie wollen entertaint werden, während der Veranstaltung entspannen und abschalten können. Also vermittle ich nicht nur mein Wissen, sondern unterhalte die Gäste auch – das sogenannte Edutainment. Das hätte ich zu Beginn meines Business nicht gedacht. Wandel, sich anpassen, mit der Zeit gehen, das ist wichtig.

Wenn Sie heute zurückblicken, was waren die Herausforderungen, die Sie vor oder während Ihrer Gründung bewältigen mussten?

Mich an den PC zu setzen und die Büroarbeiten zu erledigen. Anfangs habe ich nur einmal im Jahr meine Unterlagen zum Steuerbüro gegeben, habe es so weit wie möglich hinausgezogen. Das ist jetzt anders, zumal mir auch mein Steuerberater sagt, was wann wie zu tun ist. Inzwischen bin ich gut darin. Eine weitere Herausforderung für mich war die Frage: Wie überstehe ich die Wintermonate? Nach zwei bis drei Jahren hatte sich das Kochen und das Catering etabliert, so dass ich im Winter Pause machen konnte. Aber im Herbst hatte ich doch immer etwas Sorge, ob es im nächsten Jahr genauso gut anläuft. Hier hat mir die Unterstützung, das Zuhören und Aufmuntern meiner Familie sehr geholfen.

Worauf sind Sie im Rückblick besonders stolz, was waren Ihre größten Erfolge?

Sehr stolz bin ich auf die bereits erwähnte Förderung des Leader-Projektes, durch die das Blockhaus, meine Küche, mein Veranstaltungshaus entstanden ist. Ein weiterer großer Erfolg ist für mich die Teilnahme am jährlichen Burmé auf Burg Penzlin. Zehn Sterne- und Spitzenköche aus ganz Europa kochen ein Wochenende lang, verwöhnen die maximal 250 Gäste und tauschen sich aus. Ich darf seit drei Jahren einen Kräuterworkshops mit den Köchen durchführen und ihnen neues Wissen vermitteln. Das ist eine große Ehre und Freude.

Wie haben Sie die Herausforderungen (wenn es denn welche gab) gemeistert?

Durchatmen, Familie und Freunde sowie Frauennetzwerke – das sind meine Stützen. Man darf immer mal wieder zweifeln bzw. sich hinterfragen, ob es nach wie vor das Richtige ist, ob ich wirklich da ankomme, wo ich hinmöchte oder ob ich etwas ändern muss. Wichtig ist, nicht stehenzubleiben.

Sie sind jetzt Ihre eigene Chefin. Käme ein Dasein als Angestellte überhaupt noch in Frage?

Im richtigen Team könnte ich mir eine Anstellung vorstellen, jedoch nicht mit starren Zeiten von nine to five. Es gibt ja diverse Arbeitsmodelle. Ich könnte mir soziale Projekte vorstellen, in Begegnungshäusern mit Kindern, Erwachsenen, Älteren oder Menschen mit Handicap zu arbeiten. Jedoch ist ein Angestelltenverhältnis kein konkretes Ziel von mir, es sei denn, es geht wirklich nicht weiter mit meinem Business.

Was sind ihre Ziele als Unternehmerin?

Wirtschaftlichkeit. Ich möchte Geld verdienen. Ich investiere nicht Zeit und Energie, um nicht auch Geld zu verdienen, um in Zeiten wie jetzt (Corona Krise) auf Reserven zurück greifen zu können. Vor zwei Jahren fiel ich aufgrund einer längeren Krankheit aus. Da war es gut, einen Puffer zu haben. Ansonsten sind meine Ziele, Menschen glücklich zu machen, Wissen zu vermitteln und die Menschen wieder mehr mit der Natur zu verbinden. Wir müssen aufpassen, dass wir Bodenhaftung behalten.

Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?

Ich möchte mich wieder mehr meinem Garten widmen, Workshops und Kräuterwanderungen anbieten, mehr Erdung erfahren. Der Fokus soll auf den ursprünglichen Gedanken meines Business gerichtet werden. Das heißt, weniger Groß-Catering-Projekte annehmen. Diese stellten sich in den letzten Jahren so sehr in den Vordergrund, dass ich an meine (körperlichen und gesundheitlichen) Grenzen stieß. Außerdem sehe ich mich in fünf Jahren als liebevolle Oma, denn wir werden demnächst Großeltern.

Welche Tipps würden Sie Menschen geben, die sich mit dem Gedanken beschäftigen, ein Unternehmen zu gründen?

Sie sollten sich viele Fragen stellen. Wieviel Zeit will ich wirklich investieren? Aus dem Angestelltenverhältnis heraus haben viele keine Vorstellung, was es bedeutet, selbstständig zu sein. Damit muss man sich auseinandersetzen. Wieviel will und kann in investieren? Wie flexibel ist meine Idee? Kann sie sich nach rechts und links verändern, wenn es nötig wird? Welchen Weg könnte man alternativ gehen? Ein weiterer Punkt ist die Selbstdisziplin. Schaff ich das wirklich, oder ist bei mir nach 6-9 Monaten die Luft raus? Wie will ich es finanzieren? Welches Risiko kann und will ich eingehen? Kann das Unternehmen gesund wachsen oder muss es gleich zu Beginn fertig sein und dadurch mit Krediten finanziert werden?

Angenommen, Sie stünden jetzt vor der Gründung, würden Sie nochmal den gleichen Weg einschlagen?

Ja, auch wenn ich mit den heutigen Erfahrungen vielleicht ein zwei Umwege auslassen würde. Für mein Unternehmen ist heute eine ganz andere Situation als vor 15 Jahren. Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Heute müsste man sich die Nische erst wieder erarbeiten, damals war auf dem Gebiet alles neu. Selbst Behörden und Ämter, ob Hygiene- oder Bauamt befanden sich in einer neuen Situation, irgendwie in einer Grauphase. Das ist heute komplett anders.

Welche Charaktereigenschaften sind ein absolutes Muss, um sich als selbständige Unternehmerin behaupten zu können?

Disziplin, Kompromissbereitschaft, Kommunikationsfähigkeit und Empathie. Man muss immer beobachten, wie Kunden und Gäste reagieren, in welche Richtung sich z.B. meine Workshops entwickeln. Und man muss die Kunden dahin lenken/leiten, wo man sie haben möchten. Ein wenig „Manipulieren“ im positiven Sinne.

Wie finden Sie neue Kunden?

Hauptsächlich durch Mundpropaganda sowie durch öffentliche Auftritte bei Veranstaltungen oder wie in meinem Fall, auf Märkten. Präsent sein, auch in den sozialen Medien, ist wichtig. Immer im Gespräch bleiben, indem man selbst viel über seine Aktionen und Projekte spricht und Neuigkeiten bewirbt.

Regionen mit Ressourcen

Projektträger:
Unternehmensberatung
Carmen Baumann
Projektzeitraum:
1.August 2019 bis 30.April 2021

In dem vom Europäischen Sozialfonds (ESF) geförderten Projekt wurden Möglichkeiten entwickelt, wie in der ländlichen Region des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte mehr erwerbsfähige Menschen erwerbstätig werden können,


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